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Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) zu: § 200 AO - Alphaversion



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§ 200 AO 1977

  • Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00

    1. Bei einem Körperschaftsteuerbescheid ist der zu besteuernde Lebenssachverhalt das in dem betreffenden Jahr bezogene Einkommen, weshalb im Einspruchsverfahren einzelne Teile des Einkommens dieses Jahres gegeneinander ausgetauscht werden können.

    2. Ist eine vGA dem Grunde nach anzunehmen, so ist der Gewinn um die Differenz zwischen dem tatsächlich vereinbarten Preis und dem Preis zu erhöhen, den voneinander unabhängige Vertragspartner unter vergleichbaren Umständen vereinbart hätten (Fremdvergleichspreis).

    3. Jede Schätzung des FA ist im Klageverfahren voll nachprüfbar. Das FG kann seine Wahrscheinlichkeitsüberlegungen an die Stelle der des FA setzen, ohne deshalb die Schätzung des FA als rechtsfehlerhaft einstufen zu müssen.

    4. Das Akteneinsichtsrecht der Beteiligten erstreckt sich auch auf vom FG beigezogene "fremde" Steuerakten (Abweichung vom BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 226). Ein FG kann jedoch von der Beiziehung solcher Akten absehen, wenn die Gefahr einer Verletzung von § 30 AO 1977 im Falle der Akteneinsichtnahme durch die Beteiligten besteht.

    5. Ein FG darf die Verwertung der vom FA eingebrachten anonymisierten Daten über Vergleichsbetriebe nicht schon im Grundsatz ablehnen.

    6. Bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten ist danach zu unterscheiden, ob sich die Pflicht auf eine Tatbestandsvoraussetzung oder die Rechtsfolge eines Besteuerungstatbestandes bezieht. Bezieht sie sich auf eine Tatbestandsvoraussetzung, so löst die Pflichtverletzung eine Reduzierung des Beweismaßes für die Ermittlung der einzelnen Tatbestandsvoraussetzung aus. Bezieht sie sich auf eine Rechtsfolge, so rechtfertigt sie regelmäßig die Schätzung der Besteuerungsgrundlage.

    7. Verweigert eine inländische Tochtergesellschaft die Auskunft darüber, wie die mit ihrer ausländischen Muttergesellschaft vereinbarten Preise zustande gekommen sind, so kann aus der Pflichtverletzung nur gefolgert werden, dass die vereinbarten Preise durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Die vereinbarten Preise können dennoch angemessen sein. Für die Ermittlung des angemessenen Fremdvergleichspreises trägt das FA die objektive Beweislast.

    8. Nach deutschem Steuerrecht bestehen außerhalb der §§ 140 ff. AO 1977 und der §§ 238 ff. HGB für vGA keine speziellen Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten.

    9. Zur Anwendung der sog. Standardmethoden und ihrer Verprobung bei der Ermittlung des Fremdvergleichspreises einer Vertriebstochtergesellschaft.

    10. Die Ermittlung des Fremdvergleichspreises kann nicht auf die Wiederverkaufspreismethode gestützt werden, wenn nur auf die Einkäufe von drei unverbundenen Produzenten zurückgegriffen werden kann, die entsprechenden Einkäufe sich nicht auf alle Streitjahre erstrecken und die Einkünfte nur zu höchstens 5 v.H. des Gesamtumsatzes der Vertriebsgesellschaft führen.

    11. Ergibt sich auf der Basis der Preisvergleichs- oder der Wiederverkaufspreismethode nur eine Bandbreite angemessener Fremdvergleichspreise, so besteht für die Schätzung eines Mittelwertes regelmäßig keine Rechtsgrundlage. Die Schätzung muss sich an dem für den Steuerpflichtigen günstigsten Bandbreitenwert orientieren.

  • Beschluss vom 10. Mai 2001 I S 3/01

    1. Nach deutschem Steuerrecht bestehen für vGA keine speziellen Aufzeichnungs- oder Dokumentationspflichten. Es bestehen allerdings die allgemeinen Auskunftspflichten (§ 93, § 200 AO 1977), die Verpflichtung zur Vorlage von Urkunden (§ 97, § 200 AO 1977) und ggf. auch die erhöhten Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO 1977.

    2. Eine Dokumentation dient lediglich dem Nachweis, dass der Steuerpflichtige sich bei der Festsetzung seines Verrechnungspreises von Überlegungen leiten ließ, die auch ein fremder Dritter angestellt hätte. Sie erlaubt nur in Grenzen den Rückschluss auf die Unangemessenheit des tatsächlich angesetzten Preises. In keinem Fall dient sie dem Nachweis des angemessenen Fremdvergleichspreises der Höhe nach.

    3. Eine inländische Tochtergesellschaft hat regelmäßig keine Möglichkeit, Kalkulationsunterlagen ihrer ausländischen Muttergesellschaft zu beschaffen. Die Nichtbeschaffung löst deshalb nicht die Rechtsfolge des § 90 Abs. 2 AO 1977 aus.

§ 200 Abs. 1 Satz 2 AO

  • Urteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06

    1. Die Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO stehen der Finanzbehörde nur in Bezug auf Unterlagen zu, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren hat.

    2. Die Verpflichtung zur geordneten Aufbewahrung von Unterlagen nach § 147 Abs. 1 AO trifft auch Steuerpflichtige, die gemäß § 4 Abs. 3 EStG als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.

    3. Der sachliche Umfang der Aufbewahrungspflicht in § 147 Abs. 1 AO ist grundsätzlich abhängig vom Bestehen und vom Umfang einer gesetzlichen Aufzeichnungspflicht. Aufzubewahren sind danach alle Unterlagen, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sein können. § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist mit dieser Maßgabe einschränkend auszulegen.

    4. Das Recht, nach § 146 Abs. 5 Satz 1 AO eine bestimmte Form der Aufzeichnung und der Aufbewahrung zu wählen, ist ausgeübt, wenn sich der Steuerpflichtige entschieden hat, Aufzeichnungen sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form zu führen und wenn er die notwendigen Unterlagen ebenfalls in beiden Formen aufbewahrt. In diesem Fall erstreckt sich die Pflicht zur Aufbewahrung nach § 147 Abs. 1 AO auf sämtliche Aufzeichnungen und Unterlagen.

    5. Führt der Steuerpflichtige Aufzeichnungen, zu denen er gesetzlich nicht verpflichtet ist, so sind die Aufzeichnungen dann nicht gemäß § 146 Abs. 6 AO "für die Besteuerung von Bedeutung", wenn sie der Besteuerung nicht zugrunde zu legen sind.

  • Beschluss vom 26. September 2007 I B 53, 54/07

    1. Der Steuerpflichtige ist gehalten, der Außenprüfung im Original in Papierform erstellte und später durch Scannen digitalisierte Ein- und Ausgangsrechnungen über sein Computersystem per Bildschirm lesbar zu machen. Er kann diese Verpflichtung nicht durch das Angebot des Ausdruckens auf Papier abwenden.

    2. Der Datenzugriff der Finanzverwaltung gemäß § 147 Abs. 6 AO erstreckt sich u.a. auf die Finanzbuchhaltung. Der Steuerpflichtige ist nicht berechtigt, gegenüber der Außenprüfung bestimmte Einzelkonten (hier: Drohverlustrückstellungen, nicht abziehbare Betriebsausgaben, organschaftliche Steuerumlagen) zu sperren, die aus seiner Sicht nur das handelsrechtliche Ergebnis, nicht aber die steuerliche Bemessungsgrundlage beeinflusst haben.

§ 200 Abs. 1 Satz 2 AO 1977

  • Urteil vom 4. November 2003 VII R 28/01

    1. Zwischen einer Außenprüfung und der Feststellung steuerrelevanter Verhältnisse dritter Personen muss ein sachlicher Zusammenhang in der Weise bestehen, dass bei einer konkreten und im Aufgabenbereich des Prüfers liegenden Tätigkeit ein Anlass auftaucht, solche Feststellungen zu treffen. Fehlt es an einer solchen konkreten Prüfungstätigkeit, die den Anlass für die Feststellung der Verhältnisse Dritter bieten muss, handelt der Prüfer außerhalb der ihm durch den Prüfungsauftrag verliehenen Befugnisse.

    2. Diese Grundsätze gelten auch für ein Mitwirkungsverlangen, das darauf gerichtet ist, unabhängig von einer konkreten Prüfungstätigkeit ausschließlich die steuerlichen Verhältnisse Dritter festzustellen. Ein derartiges Mitwirkungsverlangen ist rechtswidrig.

§ 200 Abs. 2 Satz 1 AO

  • Urteil vom 26. Juli 2007 VI R 68/04

    1. Das für eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO erforderliche Aufklärungsbedürfnis liegt jedenfalls dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen im Prüfungszeitraum aufgrund außerordentlich hoher Einkünfte ("Einkunftsmillionär") erhebliche Beträge zu Anlagezwecken zur Verfügung standen und der Steuerpflichtige nur Kapitaleinkünfte in geringer Höhe erklärt sowie keine substantiierten und nachprüfbaren Angaben zur Verwendung der verfügbaren Geldmittel gemacht hat.

    2. Die Entscheidung des FA über die Zweckmäßigkeit einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO ist ermessensfehlerfrei, wenn eine Vielzahl von Belegen zu überprüfen und insoweit mit zahlreichen Rückfragen zu rechnen ist.

    3. Die Außenprüfung nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO kann auch in den Räumen des FA durchgeführt werden. Sie ist insoweit von einer Prüfung an Amtsstelle durch Maßnahmen der Einzelermittlung i.S. der §§ 88 ff. AO zu unterscheiden.

    4. Die Entscheidung des FA, die Außenprüfung in den eigenen Amtsräumen durchzuführen, ist ermessensfehlerfrei, wenn der Steuerpflichtige weder über Geschäftsräume noch über einen inländischen Wohnsitz verfügt. Eine Wohnung des Steuerpflichtigen im Ausland kann das FA bei der Festlegung des Prüfungsortes unberücksichtigt lassen.

§ 200 Abs. 3 Satz 2 AO 1977

  • Beschluss vom 22. Dezember 2006 VII B 121/06

    1. Kontrollbesuche der Steuerfahndung in Räumlichkeiten, die an Prostituierte zur Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit vermietet worden sind, sind grundsätzlich --in angemessener und zumutbarer Häufigkeit-- zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle i.S. des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO 1977 hinreichend veranlasst. Der mögliche (Neben-)Effekt, die Prostituierten zu veranlassen, ihre steuerlichen Pflichten zu erfüllen bzw. am "Düsseldorfer Verfahren" teilzunehmen, ist mit dem Ermittlungsauftrag der Steuerfahndung nicht unvereinbar.

    2. Der Vermieter kann sich gegenüber den Kontrollbesuchen nicht auf ein Abwehrrecht als Inhaber des Hausrechts an den vermieteten Räumen bzw. an den gemeinschaftlich zu nutzenden Bereichen berufen, da die Kontrollbesuche bei den Mieterinnen selbst nicht als "Eingriffe und Beschränkungen" i.S. des Art. 13 Abs. 7 GG zu qualifizieren sind.

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